Immer vernünftig sein macht keinen Spaß!
Draußen ist ein junges Paar mit Kind unterwegs. Das Kind altersgerecht auf dem Laufrad – mit Schutzhelm und Knieprotektoren. Wir schreiben das Jahr 2020. Der Autor ist Baujahr 1966. Seine Erinnerung ist geprägt von Fahrradfahren in kurzen Hosen, Wind in den Haaren und blutigen Knien. Fühlten wir uns damals gefährdet? Sicher nicht durch unsere Freizeitaktivitäten. Hatten unsere Eltern Angst um uns? Bestimmt, doch wohl kaum mehr als die Eltern von heute um ihre Kinder. Hatten wir Spaß? Auf jeden Fall! Waren wir vernünftig? Was soll die Frage!
Werden wir immer vernünftiger?
Seit der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts ist unser Leben sehr viel sicherer geworden. Wir haben gelernt, uns vor Gefahren und Unbill zu schützen. Selbstverständlich gurten wir uns an, wenn wir ins Auto steigen. Wer nicht sozialschädlich sein will, geht regelmäßig zur professionellen Zahnreinigung, um die Gemeinschaft der Versicherten vor unnötigen Kosten späterer Reparaturmaßnahmen zu schützen. Wir schützen die Umwelt, indem wir unseren Müll trennen und es den Entsorgern überlassen, ihn anschließend wieder zusammen zu kippen. Unser Mitgefühl um den Wal mit einem Rachen voller Mikroplastik lässt uns stolz unseren Einkauf bei strömendem Regen in der Papiertasche – nicht ohne Mitmenschen-erziehende Aufschrift – nach Hause tragen. Darin befindet sich – aus Sorge um die Welt, in der unsere Kinder leben werden – natürlich kein Fleisch mehr. Damit unsere Kinder davon auch etwas haben und nicht aufgrund eines Schulwegunfalls vorzeitig diese schöne Erde verlassen, fahren wir sie mit unserem SUV zur Schule. Natürlich von Tesla.
Vernunft, quo vadis?
Es bedarf keiner blühenden Fantasie, diese Entwicklung in die Welt des Motorradsports hinein fortzusetzen. Natürlich haben wir alle akzeptiert, dass wir mit Helm fahren. Unseren wertvollsten Körperteil müssen wir besonders gut schützen. Der Konsens bei Schutzkleidung für den weniger wichtigen Rest fällt schon dünner aus. Dieser beklagenswerte Zustand wird immerhin durch eifrige Warnwestenträger zumindest etwas aufgewogen. Man sieht leicht ein, dass es keinen einzigen vernünftigen Grund gibt, laut, schnell, in größeren Gruppen oder überhaupt zu fahren. Also: Wie allein kann eine vernünftige Zielsetzung für den Motorradsport der Zukunft aussehen? Es sei der Leserin und dem Leser überlassen, diesen Gedanken zu Ende zu führen.